Zum Inhalt:
In den letzen 35 Jahren hat die Kiefergelenks- und die Funktionsdiagnostik eine rasante Entwicklung genommen. Noch bis 1980 stand die Entwicklung von physiologischen Erklärungsmustern im Vordergrund, wie zum Beispiel Farrah sie für die Diskusverlagerung mit Reposition 1970 und 1978 lieferte.
Mit den zunehmenden Möglichkeiten der Sensorik (Messtechnik) konnte in folgenden 10 Jahren erstmals Systeme entwickelt werden, die die Lage eines Kondylus genauer als 0,1 mm bestimmen konnten. Zuerst war dies noch (nur) ohne räumliche und zeitliche Zuordnung möglich, mit immer besseren Möglichkeiten der Computerunterstützung konnte aber auch die Lage des Unterkiefers und die Lage beider Kondylen zu einem definiertem Zeitpunkt zueinander bestimmt werden. Dies war auch die hohe Zeit der Gnathologie. Fast alle Störungen konnten mit einer nicht perfekten Okklusion erklärt und möglichst auch behandelt werden.
In den letzten 10 Jahren des Jahrhunderts stellten viele Zahnärzte (frustriert) fest, dass nur durch Therapie des Kiefergelenks und der Okklusion nicht alle Patienten "erfolgreich therapiert" werden konnten. Zuerst schlug sich dies in der Namensgebung nieder: Aus den Kiefergelenkserkrankungen wurden TMD- Erkrankungen (Temporo-Mandibular Disorders) und späte die CMD (Kraniomandibuläre Dysfunktionen), eine deutlich Erweiterung des Einzugsbereichs. Die Psychosomatik erfreute sich nun zunehmend des Rampenlichts bei TMD-Störungen, danach folgten orthopädische Einflüsse und Verbindungen zur HNO. Auch die Physiotherapie und ihre Techniken hielten Einzug in die Diagnostik und Therapie von TMD (später CMD).
Seit dieser Zeit haben diejenigen, die der Okklusion einen Einfluss auf das Entstehen und den Verlauf von TMC/CMD zubilligen, einen zunehmend schweren Stand.
Seit der Jahrtausendwende hängt ein neuer Trend wie ein Damoklesschwert über der wissenschaftlichen Arbeit mit "Kiefergelenkserkrankungen": EBM (Evidence based Medicine) oder besser EBD (Evidence based Dentistry). In dem Spezialgebiet der Zahnmedizin "CMD" sind aber wenig wissenschaftlich nicht angreifbare Studien über Diagnostik und Therapie erschienen.
Anhand von ausgewählten Beispielen aus der Literatur möchte ich in dem Vortrag Ihnen Beispiele geben für den Wert der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit CMD und wo aus meiner Sicht wir zur Zeit stehen.